Full size original – Gabi Blum (*1979) und Susi Gelb (*1985) modifizieren Situationen, Zustände und Zeiträume. Die Kunstarkaden werden dabei zum temporären Austragungsort ihrer Versuchungsanordnungen. Die temporale Gravitation wird außer Kraft gesetzt, alles fließt und wandelt sich ständig. Es entsteht eine dynamische Ausstellung, die sich kontinuierlich verändert.
Am 5. Januar veröffentlichte die NASA die derzeit weltgrößte Fotografie mit 1,5 Milliarden Pixeln. In diesem Abbild der Andromeda-Galaxie kann man sich verlieren, man zoomt und zoomt und immer wieder öffnen sich scharfe Bildbereiche. Die Ausstellung full size original ∞ loading entfaltet sich auf ähnliche Weise in mannigfaltigen Ebenen, Schärfebereichen und Realitätsformen.
Der zentrale Raum der Ausstellung gibt sich als virtuelles Spielfeld. Select your character! Lebensgroß werden die Avatare der beiden Künstlerinnen stets neu geladen. Die informationelle High Definition belässt trotz ihrer hohen Auflösung vieles im angenehm undefinierten Raum [1]. Der Zuschauer betritt einen Schwellenmoment – loading: der Inhalt befindet sich im Ladeprozess; wie groß er wirklich ist und ob er je vollständig geladen werden kann bleibt unklar. So schweben die virtuellen Vertreter von Gabi Blum und Susi Gelb im Kontinuum. Sie sind präsent und doch nicht greifbar. Die langsam morphenden, sich entfaltenden Figuren lassen die Zeit wie zu einem Gemälde gerinnen. Zeit wird Raum [2].
Der Kosmos von Susi Gelb beherbergt Biotop und Labor zugleich. Hier agieren Kunstwerke, Objekte und Projektionen, transformieren und wachsen. Die Materie ist aus ihrer statischen Verhaftung befreit, alles zirkuliert und interagiert. Die Künstlerin arrangiert ein Labor-Setting, in dem Zustände, Reaktionen und Zwischenprodukte entstehen, aber stets eine unbekannte Variable, eine neue Auswirkung hinzukommen kann. Ein Prozess der Selbstorganisation von Materie wird möglich. Die Verschränkung von Zeithorizonten und Zuständen lässt eine Leichtigkeit entstehen, die Dinge zum Schweben bringt. Statt sich auf der linear-narrativen Bahn zu erstrecken, vertieft sich die Zeit vertikal [3].
Dieses Fluidum greift Gabi Blum mit ihrem waiting room auf. Hier werden neben temporalen Parametern auch die Grenzen des Raumes strapaziert. Die Achsen des kartesischen Koordinatensystems werden einem neuen divergenten Kräfteverhältnis ausgesetzt und gekrümmt. In ihrem Ames-Raum erschafft die Künstlerin ein Wartezimmer ohne Funktion, ein Durchgangszimmer – welches als hinterster Raum der Ausstellung eine bloße Verheißung ist. Das Warten rechnet nicht mit etwas Bestimmtem. Vielmehr bezeichnet es das Verhältnis zu dem, was sich jeder Form des Rechnens entzieht [4]. Der Wartende befindet sich auf der Schwelle. In diesem Zustand ist alles denkbar.
Eröffnung: 28.04.2015, 19 Uhr
Ausstellung bis 29. Mai 2015
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag 13 – 19 Uhr
Kunstarkaden
Sparkassenstraße 3, 80331 München